Maxim Gorki I

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Der nachfolgende Text und die Abbildungen sind dem "Nachtrag zu den Denkschriften über fremde Landesbefestigungen" des OKH vom 01.04.1943 entnommen. Hier werden die letzten Erkenntnisse über die sowjetische Landesbefestigung und die Kämpfe auf der Krim 1942 beschrieben. Die verlustreiche Eroberung der stark befestigten Hafenstadt Sewastopol mit seinen Aussenwerken nimmt in der Schrift einen breiten Raum ein.

"Zur Bekämpfung von Seezielen errichtete der Russe 5 km nördlich des Hafens von Sewastopol in den Jahren 1914 bis 1934 die Panzerbatterie Maxim Gorki, 4 Geschütze 30,5 cm, Reichweite 44 km, in Zwillingsdrehtürmen mit seewärts gerichtetem E-Meßstand, Funkstand und unterirdischem, mit automatischem Kommandogerät neuzeitlich eingerichteten Feuerleiststand. Die 360 ° schwenkbaren Geschütze konnten mit Hilfsbeobachtung auch gegen Landziele wirken. Während der Belagerung haben sie Angriff und Nachschub oft gestört und in der Zeit vom 7. bis 17.6. rd. 600 Schuß (Spreng- und Panzergranaten sowie Schrapnells) abgegeben. Aufgebaut auf der Westnase eines schmalen Höhenrückens, der nach Norden ins Belbektal und teilweise auch nach Süden steil und geröllig abfällt, ostwärts aber wellig ansteigend in breiteres kahles Höhengelände übergeht, liegt der Batterieblock. Der Eisenbetonbau hat rd. 5000 m² Grundfläche und 3 bis 4 m Deckungsstärke. Seitlich gestaffelt ist eine äußere Kraftstation gleichstarker Bauweise. Der E-Meßstand liegt ebenso wie der Funkstand und der Feuerleitstand rd. 750 m von der Batterie ostwärts abgesetzt und mit dieser durch tiefliegenden Hohlgang verbunden auf einer die Batterie etwas überhöhenden und als Stützpunkt ausgebauten Schwelle des Bergrückens, in deutschen Karten als „Fort“ oder „Bastion“ bezeichnet. Ein Vollspurgleis führt zu den Panzertürmen, eine Straße zu den Eingängen des Batterieblocks.

Lageplan der Panzerbatterie Maxim Gorki I

Quelle: "Nachtrag zu den Denkschriften über fremde Landesbefestigungen" des OKH vom 01.04.1943

Batterieblock und Bastion waren rundum durch Minenfelder, leichte Drahtsperren, teils in den Fels gesprengte, teils betonierte Schützengräben und zahlreiche Granatwerfer- und MG-Stände feldmäßigen, halbständigen und leichten ständigen Ausbaues gesichert. Die Turmgeschütze konnten in den Nahkampf mit Schrapnells, 2 Lagen je Minute eingreifen. Die in den Südhang eingeschnittenen Eingänge des Batterieblocks, die von Osten her aus einem Eisenbetonschartenstand leichten Ausbaues flankiert wurden, und der Schachtausgang im (Stützpunkt) Bastion hatten keine Verteidigungsscharten. Ein ungetarnter Seitenstollen des Hohlgangs war nur behelfsmäßig zugemauert. Der Abwasserkanal war als Notausgang bekriechbar. Die Besatzung betrug etwa 300 Mann, größtenteils der Küstenartillerie (30. Batterie) angehörig. Vor dem Sturmangriff waren ferner 120 Mann zur Rundumverteidigung bereitgestellt.

Quelle: "Nachtrag zu den Denkschriften über fremde Landesbefestigungen" des OKH vom 01.04.1943

An der Angriffsvorbereitung waren Batterien mittleren, schweren und überschweren Kalibers beteiligt, die vom 6.6. bis 17.6.1942 (Angriffstag) rd. 750 Schuß, davon die Hälfte am Vormittag des 17.6., abgaben. Am 17.6., 13.30 Uhr, wurden Stukabomben aus 20 Maschinen auf die Kampfanlagen abgeworfen. Durch das planmäßige Zerstörungsfeuer wurden Drahtsperren zerrissen und Minenfelder verschüttet. Granat- und Bombentrichter erleichterten das vorgehen der Sturmtruppen. Die Besatzungen der Außenverteidigung wurden großenteils vernichtet, ihre leichten Kampfanlagen vielfach zerstört. Der westliche Panzerturm erhielt einen Streiftreffer, der ein Geschütz ganz, das andere teilweise ausschaltete, der ostwärtige einen Volltreffer auf die Rohre, der beide Geschütze unbrauchbar machte. Der unterirdische Zugang zum E-Meßstand wurde abgequetscht, alle übrigen Eingänge und die Eisenbetondecke des Geschützblockes blieben unversehrt. Die unter Tage befindliche Besatzung wurde nach ihren Angaben durch die Beschießung kaum beeindruckt.

Zum Nahangriff waren angesetzt: IR 213, 1. und 2./Pi. 132 und 1./Pi 173. In den frühen Morgen- und Vormittagsstunden des 17.6.1942 wurde der Angriff über einen den Rücken ostwärts Bastion überquerenden Panzergraben hinweg nach Westen gegen zähen Feindwiderstand vorgetragen. Frontale und flankierende Widerstandsnester wurden mit Infanterie- und Artilleriegeschützen niedergekämpft. 1. und 2./Pi. 132 rollten die Kampfanlagen der Bastionshöhe auf, während IR 132 den Kampf an den Süd- und Westhängen dieser Kampfanlage führte. Starkes Artillerie- und Granatwerferfeuer, z.T. aus dem Belbektal und den südlich gelegenen Hängen, Scharfschützen und Gegenangriffe erschwerten das Vorwärtskommen. Gegen 14.30 Uhr war nach erneutem Angriff der Westrand der Bastionshöhe endgültig genommen. Der Eingangshof zum Feuerleitstand (Ostende des Hohlgangs) wurde besetzt.

Schnitt durch den Panzerdrehturm

Quelle: "Nachtrag zu den Denkschriften über fremde Landesbefestigungen" des OKH vom 01.04.1943

14.45 Uhr tritt II./IR 213 zur Gewinnung des Osthanges der Batteriestellung an und erreicht 15.15. Uhr zerstörte Feldstellungen 400m ostwärts des ersten Panzerturms, während 1./Pi. 173 folgt, um diesen unter dem Feuerschutz der Infanterie zu stürmen. 15.45 Uhr springen sechs Pioniere mit geballten Ladungen den Turm an und vernichten dessen Besatzung. Die Besatzung des zweiten Turmes verteidigt sich zäh durch Gewehrfeuer aus einer in den Panzerplatten durch Artillerieeinwirkung entstandenen schartenartigen Öffnung. Unter seitlichem Feuerschutz der Infanterie gelingt dann der Pionierangriff auf diesen Panzerturm. Mit geballten Ladungen wird der Gegner in den Turmschächten niedergehalten. Inzwischen längs des Nordhanges vorgegangene Infanterie übernimmt die Sicherung des Westhanges. 16.30 Uhr gehen die Pioniere gegen die stark verteidigten Haupteingänge vor, die trotz wiederholter Versuche nicht bezwingbar sind. MG werden zur Blockierung der Eingänge in Stellung gebracht. Die Besatzung ist nunmehr im Bauwerk eingeschlossen.

An den folgenden Tagen wird Gegner im Werkinneren mit Sprengladungen, Benzin und Flammöl bekämpft. Rund 1000 kg Sprengmunition und 1000 l Brennstoff werden nach und nach in die Panzertürme eingebracht. Einzelne Überläufer verraten den Aufbau des Werkes. Am 20.6., während der Vorbereitung weiterer Sprengladungen, erfolgt im Westturm eine Gegensprengung, die 3 Pionieren das Leben kostet. Im Werk haben die Sprengungen heftige Brände und Rauchschwaden verursacht, die ein Eindringen unmöglich machen, zumal der Verteidiger die Gänge immer wieder neu besetzt. Am 22.6. wird 1./Pi. 173 durch 3./Pi. 22 abgelöst. Die Besatzung wird durch Sprengung des Notausganges und Abbrennen von Nebelkerzen und Öl weiter bekämpft. Der Kommandant bricht am 25.6. durch den Abwasserkanal aus, wird aber am folgenden Tage festgenommen. Am 26.6. dringt ein Stoßtrupp in das Werk ein und macht 40 Gefangene. Ein großer Teil der Besatzung ist durch die Spreng- und Raucheinwirkungen ums Leben gekommen. Die Anhäufung leicht entzündlicher Gegenstände in den Gängen hat den Brand genährt. Die Panzertüren wurden in der Nähe der Detonationsherde eingedrückt, an anderen Stellen vom Detonationssog ausgebeult, so dass Rauchschwaden auch in Bereitschaftsräume eindringen konnten. Das Eisenbetonbauwerk selbst hat durch die Detonation nicht wesentlich gelitten.

...

Der verhältnismäßig zähe Widerstandswille der eingeschlossenen Besatzung unter der Einwirkung politischer Kommissare und 6 politischen Unterführern wurde zunächst noch unterstützt durch ihr Vertrauen auf die Widerstandskraft des Bauwerkes. Die Detonation der schweren und überschweren Kaliber hatte in den Untertageräumen keine moralische Wirkung; eine zwischen dem massiven Eisenträgergewölbe und der 3 bis 4 m starken Eisenbetondecke liegende 20 cm starke Asphaltmakadam-Isolierschicht wirkte schalldämmend. Reiche Vorräte an Lebensmitteln und Trinkwasser, gute sanitäre Betreuung und verhältnismäßig wohnliche Unterbringung stärkten das Gefühl der Sicherheit. Nach Ausfall der äußeren Kraftanlage war zunächst die doppelt so starke innere Kraftanlage und nach deren Ausfall die aus Stromsammlern versorgte Notbeleuchtung noch bis zum letzten Tage in Betrieb.  Einige geschützter gelegene Räume hielten bis zuletzt gasdicht. Erst die schweren Sprengungen und Brennstoffexplosionen in den Panzertürmen und Abluftschächten und die Ausräucherung von den Eingängen aus, deren Wirkung dem Gegner erhebliche Verluste brachte, den Rest der Besatzung in einzelnen Zellen abriegelte und dem Einfluß der Führer entzog, haben diese nach und nach so mürbe gemacht, dass er schließlich den letzten Widerstand aufgab."

Panzerdrehturm

Panzerdrehtürme

Panzerdrehturm

Panzerdrehturm

E-Meßstand mit 5m und 10m Basis unter 3cm Panzerschutz

E-Meßstand mit 5m und 10m Basis unter 3cm Panzerschutz

MG-Schartenstand der Aussenverteidigung

Panzerdrehturm Batterie Maxim Gorki II

Panzerdrehturm

Panzerdrehtürme

Maschinenraum mit Motorenumformer und Schalttafel

Dieselaggregate im Maschinenraum Maxim Gorki

Letzter Stand: 06.11.2016