Fort Barchon im 2. WK

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Das Fort Barchon gehörte mit den Forts Pontisse, Evegnèe und Flèron zum Abschnitt II Nord des befestigten Gebietes von Lüttich und unterstand der 3. Belg. Inf.Div. In der Nacht vom 11./12.05.1940 wurden nach dem Fall von Eben-Emael die Feldtruppen herausgezogen, so dass nunmehr die Forts auf sich selbst angewiesen waren.

Die 223. Inf.Div. wurde am 15.05.1940 dem A.O.K. 6 unmittelbar unterstellt mit dem Auftrag, die Werke des befestigten Gebiets von Lüttich zu nehmen. In Erledigung dieses Befehls wurde am 16.05. Fort Flèmalle erstürmt; am 18.05. fiel Fort Flèron; am gleichen Tage wurden die Forts Pontisse und Barchon erobert; am 19.05. besetzten deutsche Truppen Fort Evegnèe; am 21.05. und 22.05. wurden die Werkgruppen Neufchàteau und Battice erstürmt bzw. in Besitz genommen.

Das Fort Barchon ist das nördlichste der sechs Forts auf dem rechten Maasufer und liegt auf einem in Nordsüdrichtung verlaufenden Höhenzug. Das umgebende Gelände ist reichlich durchschnitten und bedeckt, daher unübersichtlich. Aufgabe des Forts war Deckung des Raumes zwischen dem 3,4 Kilometer entfernten Fort Evegnèe und dem 4,2 Kilometer entfernten, westlich der Maas liegenden Fort Pontisse, im besonderen Sperren der durch diesen Abschnitt führenden Straßen. Die Zwischenfelder sind durch je sechs Kampfstände verstärkt.

Besatzung rund 500 Mann Artilleristen. Die Fernkampfartillerie bestand aus zwei 150mm Kanonen in je einem Panzerturm und vier 105mm Kanonen paarweise in zwei Panzertürmen. Für Nahaufgaben (Feuer auf Vor- und Zwischengelände, Rundumverteidigung) standen vier 75mm Kanonen (von den Belgiern Haubitzen bezeichnet) in je einem Panzerturm, ferner zwei Granatwerfer und zwei sMG in einem Panzerturm, 24 sMG hinter Mauerscharten in Schutzhohlräumen zur Verfügung.

Quelle: Denkschrift über die belgische Landesbefestigung (OKH 1941)

Fort Barchon im modernisierten Zustand 1940

Quelle: Denkschrift über die belgische Landesbefestigung (OKH 1941)

Untergeschoss von Fort Barchon im Jahre 1940

Dem Plan der Nahverteidigung liegt eine belgische Skizze zugrunde, die für den Fall aufgestellt war, dass der Angreifer das Fort eingeschlossen hat. Die 75mm Haubitzen verteidigen nunmehr die das Fort umgebenden Panzer- und Infanteriesperren mit Kartätschfeuer bis zu 300m in das Umgelände und die Werkoberfläche. Die sMG des Nahkampf- und Belüftungsturmes wurden ihrer tatsächlichen Wirkung entsprechend mit 400m Wirkungsweite eingesetzt. Das eine der sMG des Nahkampfturmes hatte als Hauptaufgabe Flankieren der HKL nach Norden zur Maas, das andere nach Südosten in Richtung Fort Evegnèe. Den feuerfreien, nach Nordosten offenen Raum sperrten die beiden 120mm Granatwerfer mit einer Schussweite von 200 Meter. Von dem westlich als Stützpunkt abgesetzten Belüftungsturm konnten dessen Umgelände und die Werkoberfläche wirksam verteidigt werden. Er hat der Angriffstruppe auch tatsächlich am 18.05.1940 zu schaffen gemacht. Der sturmfreie Graben und die Kehle lagen im Feuer der sMG der Grabenstreichen. Die Verteidigung des Forteinganges durch ein sMG war unzureichend.

Am 15.05.1940 schloss das I./Inf.Rgt. 344 das Fort ein, die I./A.R. 223 hielt es unter Störungsfeuer. Das Vorfeld war vom Belgier auf 1000 bis 1500 Meter geräumt worden. In der Nacht zum 16.05. stießen aus den Forts Barchon, Evegnèe, Flèron und der Werkgruppe Battice Spähtrupps vor, um die Stellungen der sie einschließenden Truppen festzustellen. Das Nachrichtennetz der Forts war noch unbeschädigt und ermöglichte eine einheitlich geführte Kampfführung der Forts.

Der Angriff war auf den 18.05. festgesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte das Pi.Batl. 51, das die Werkgruppe Eben-Emael gestürmt hatte, zugeführt sein. Die Nacht vor dem Angriff war unruhig. Das Fort schoss. Feindliche Flieger belegten Unterkünfte und Straßen mit Bomben. Am Morgen des 18.05. standen zum Angriff bereit:

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I./Inf.Rgt. 344

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3 mittl. und kl. Flammenwerfer des Pi.Batl. 223

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Sprengtrupps der 3./Pi.Batl. 51

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I. und IV./A.R. 223

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Batterie 820

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3 Züge 13./(I.G.) Inf.Rgt. 344

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2 Züge 14./(Pz.Jg.) Inf.Rgt. 344

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II./Flak-Rgt. 246 mit zwei Batterien 8,8cm Flak

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5./Flak-Rgt. 29 mit einem Zug 2cm Flak

Der Angriff begann 08.30 Uhr mit dem Einschiessen des schwersten Steilfeuers. Nach dem ersten Schuss wurde eine bis 10.30 Uhr dauernde Feuerpause eingelegt. In dieser Zeit wurde das Fort nur mit Inf.Gesch., Pak und Flak beschossen, wobei seine Abwehr so stark war, dass die eingesetzte Flak zeitweise das Feuer einstellen musste. Das Fehlen weiterer schwerer Artillerie machte sich unangenehm bemerkbar. Danach wurden auf das Fort noch 14 Schuss schwersten Steilfeuers abgegeben. Um 15.45 verlegten Flak und Inf. Gesch. ihr Feuer auf die Westhälfte des Forts, während je ein Inf.Sturmzug mit zugeteilten Sprenggruppen der 3./Pi.Batl 51 auf die Nord-, Nordost- und Ostseite vorstießen. Die Südseite wurde durch Flammenwerfer des Pi.Batl. 223 und Sprengtrupps der 3./Pi.Batl 51 angegriffen, die Panzer- und Drahtsperre der Nordostseite von den Pionieren durchbrochen.

Quelle: Denkschrift über die belgische Landesbefestigung (OKH 1941)

Nahverteidigung von Fort Barchon im Jahre 1940

Der Gegner feuerte aus allen Blocks, besonders mit den 75mm Geschützen und den sMG aus dem Mittelblock. Der Beobachtungsturm und drei 75mm Verschwindtürme wurden gesprengt. Der sturmfreie Graben konnte unter Einsatz von Pionier-Nebel und Sprengtrupps des Pi.Batl 51 überwunden werden. Pak, die über das Panzer-Sperrgitter gehoben worden war, kämpften aus nächster Nähe jene Türme nieder, die nicht schon durch Sprengladungen der Panzertrupps außer Gefecht gesetzt waren. Am längsten feuerten die MG des Luftansaugturmes. Während des Angriffs blendeten sMG die Scharten. Leichte und mittlere Granatwerfer griffen mit Störungsfeuer ein. Um 08.15 Uhr wurde auf der Fortoberfläche die Reichskriegsflagge gehisst, das Fort fiel durch einen Pionier- und Infanterieangriff. Zehn Minuten später zeigte Fort Barchon die weiße Fahne.

Das Fort zeigte alle Schwächen des veralteten Einheitswerkes, in dem auf engem Raum Fern- und Nahkampfwaffen zusammengedrängt waren und das daher gleichzeitig durch Feuer und Nahkampfmittel bezwungen werden konnte. Wie in Eben-Emael bestand auch hier die Besatzung überwiegend aus Artilleristen und Bedienungspersonal für Maschinen. Der Kämpfer fehlte, der Infanterist und Pionier. Durch Abziehen der Feldtruppe aus dem Zwischenfeld war das Fort auf sich selbst angewiesen, ohne Hilfe aus dem Zwischenfeld und aus der Tiefe. Da es den Nachbarforts ebenso erging, konnten sie sich gegenseitig artilleristisch nicht unterstützen. Die Werkdecke war weder durch Feuer noch durch Sperren geschützt. Sie war vom Werkinneren nur durch eine einzige schmale Pforte zu erreichen.

 

Quelle: Denkschrift über die belgische Landesbefestigung (OKH 1941)

Luftbild 1940 von Fort Barchon und Fort Evegnèe

Quelle: Denkschrift über die belgische Landesbefestigung (OKH 1941)

Quelle: Denkschrift über die belgische Landesbefestigung (OKH 1941)

Quelle: Denkschrift über die belgische Landesbefestigung (OKH 1941)

Entwässerung innerhalb des Fort Barchon

Letzter Stand: 24.10.2019