Maastricht 1

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Die Artilleriekasematte Maastricht I hatte die Aufgabe mit ihren drei 75mm Kanonen zusammen mit der Kasematte Maastricht II Richtung Holland zu wirken. Die drei 75mm Kanonen vom Typ GP waren auf Kasemattenspeziallafetten montierte Waffen mit halbautomatischen Verschluss und einer Kaliberlänge von 35. Die maximale Feuerkadenz betrug 20 Schuss pro Minute. Die Höchstreichweite lag bei 11 Kilometer. Neben vier verschiedenen Sprenggeschossen konnten auch Schrapnellgeschosse verschossen werden.

Für die Ausschaltung des Werkes war Trupp 3 unter Führung des Unteroffiziers Arent vorgesehen. Als Ausrüstung für die Aufgabe standen drei Hohlladungen 50 kg, 1 gestreckte Ladung, sechs Ladungen 3 kg, drei Sprengrohre, 1 Sprengmittelkasten, 1 Leiter 6 m und drei Hohlladungen 12,5 kg zur Verfügung. Wenn die Bekämpfung der Kasematte erfolgreich war, sollte Trupp 4 noch den Hauptlüfter angreifen. Bei einem Ausfall von Trupp 3 musste Trupp 9 die Bekämpfung der Kasematte mit übernehmen.

Die Artilleriekasematte Maastricht I ist wie alle anderen Geschützkasematten ohne Drahthindernis, ohne Schartenüberdeckung, ohne Diamantgraben und ohne Selbstverteidigung durch flankierende Infanteriescharte. Der Lastensegler des Trupp 3 landet etwa 80 m östlich der Kasematte. Zunächst will man eine 50-kg-Hohlladung am linken Geschütz anbringen. Allerdings lässt sich dies aufgrund der Größe der Ladung nicht durchführen. Arent beschließt eine 12,5-kg-Ladung einzusetzen, die mit einer 8 cm Lunte gezündet wird. Die Explosion schleudert das 7,5-cm-Geschütz, das den belgischen Soldaten Bormans tötet, durch den Kampfraum. Es gibt noch weitere Verletzte in der Kasematte, die nur mit 10 Mann besetzt ist. Licht und Telefon sind ausgefallen. Voller Panik verlassen die Belgier das Werk und treffen am Fuß des Fahrstuhlschachtes Lieutenant Deuse, der Sauerstoffapparate holen geht, um in die Kasematte zu gelangen. Zurück bleiben Verwundete, die später trotz eines Versuchs mit Gasmaske nicht mehr geborgen werden können.

Die Fallschirmjäger werfen anschließend durch das Sprengloch Handgranaten und schießen mit der Mpi hinein. Gegen 05.25 Uhr klettert Unteroffizier Arent in die Kasematte. Dann kommen die Obergefreiten Stopp und Kupsch dazu. Man macht drei verwundete Gefangene und wirft wegen Geräuschen aus dem Fahrstuhlschacht eine Ladung hinunter. Durch den Explosionsdruck werden auch die Deutschen gegen die Mauer geworfen. Die Belgier errichten am Fuß von Ma 1 eine Eisenträgersperre und bereiten sich auf die Verteidigung des Hohlganges vor.

Unteroffizier Arent:

"Als die Nacht einfiel, ließ ich die Ladungen, die sich vor und neben der Kasematte befanden, ins Innere tragen. Ich sicherte mich ab, um das Werk auf jeden Fall zu halten, denn jeder Angriff vom Fort musste über meine Kasematte laufen. So bereitete ich uns auf den Widerstand vor. Eine Eisenplatte von 4 cm Stärke, die sich von einem Geschütz gelöst hatte, wurde mit einem Riemen an der offenen Scharte befestigt, so dass unten noch ein Sehschlitz von 6 cm blieb. Handgranaten und Ladungen wurden bereitgelegt, doch verlief die Nacht ruhig. Ich selbst hatte sehr unter den Explosionsgasen zu leiden. Die ganze Nacht schwitzte ich. Auch befand sich das Fort dauernd unter Artilleriebeschuss."

Am 11.05.1940 wird am Fuße der Kasematte eine 50-kg-Hohlladung mit fürchterlicher Wirkung abgelegt. Unteroffizier Arent war mit zwei Mann zum Fuß der Kasematte hinab gestiegen. Er berichtet:

"Ungefähr eine Stunde nach der Dämmerung kam Oberleutnant Witzig und einige Mann in meinem Werk an. Der Oberleutnant sagte: „Die Pioniere sind auf dem Fort und haben befohlen, die Kasematte zu räumen“. Ich antwortete, dass ich noch genug Ladungen hätte und sie im Gangsystem zünden könnte, aber Witzig befahl, alle sollten sich auf die Nordspitze des Forts zurückziehen. Dennoch ging ich mit den Obergefreiten Müller und List nach unten an die abgeriegelte Tür und legte eine nach innen gerichtete 50-kg-Hohlladung dagegen. Ich stellte sie ein und stieg wieder hoch, um die Kasematte zu verlassen. Draußen warteten wir mit den Gefangenen auf die Explosion. Zwei Stunden später suchte ich das Werk noch einmal auf, um mir über die Wirkung klar zu werden. Alles war umgeworfen; das Geschütz stand auf der anderen Seite, die beiden Stahltüren am Fahrstuhl waren aus den Angeln gehoben. Vom Fahrstuhl waren nur noch die Leitschienen zu sehen. Absätze und Türen existierten nicht mehr. Fast konnte man von einem offenen Loch sprechen. Die Wirkung dieser Explosion musste sich für die Besatzung, deren Kaserne sich in der Nähe befand, verheerend auf die Moral ausgewirkt haben."

Dies war in der Tat der Fall, denn die Schockwelle der Explosion hatte auch hinter Panzertüren, Träger- und Sandsacksperre verheerende Wirkung. Sechs Tote lagen hinter der Barrikade: es waren Unteroffizier Corombelle sowie die Soldaten Dujardin, Gillet, Lebeau, Martin und Nasotte. Dazu kamen mehrere Verletzte. Die Explosion war selbst in weit entfernt liegenden Blocks wie Block IV zu hören und spüren gewesen. Der belgische Soldat René Cremers erlebt die Explosion wie folgt:

"Etwa um 09.00 Uhr gehe ich zur Kaserne, um Essen zu holen, damit sich meine Männer stärken können. Auf dem Rückweg benutze ich die Haupttreppe, um meinen Posten wieder zu besetzen, als ich im Inneren der Schleuse von einer Explosion umgeworfen werde. Als ich weitergehen will, werde ich von Soldaten beiseite gestoßen, die so schnell wie möglich die Treppe herunterlaufen. Einige sind verletzt und haben Verbrennungen. Von oben höre ich Schreie, und auch das Licht ist ausgefallen. Sofort kehre ich in die Kaserne zurück, um Hilfe zu holen. Der Kommandant befiehlt mir, die Sperre bei Ma 2, koste es, was es wolle, erneut zu besetzen. Lt. Desloovere gibt mir 10 Mann mit. Wir gehen die Treppe hinauf nach Ma 2. Die Atmosphäre, die im Gangsystem herrscht, ist nicht zu beschreiben. Gas, Staub und Dunkelheit regieren hier. Am schlimmsten sind die Schreie der Verwundeten, die in den Gängen widerhallen. Im Geergang angekommen stelle ich fest, dass sich die Explosion bei Ma 1 ereignet hat. An der Sperre sehe ich, dass das MG weggeschleudert wurde. Als das Licht wieder brennt, kann ich es holen. Es liegt zwischen Sperre und Aufgang Ma 2. Ich befehle den Leuten, beim kleinsten Vorfall zu schießen. Soldat Reis soll Handgranaten werfen. Ich selbst krieche auf das MG zu. Es ist nicht möglich meine Angst zu beschreiben, die ich auf dem Hin- und Rückweg hatte. Ich bin schweißüberströmt. Diese Minuten schienen mir endlos zu sein. Kaum habe ich das MG wieder an der Sperre, als das Licht erneut ausfällt. Vor und hinter mir (Gefechts- und Feuerleitstand) ist alles ruhig. Zur rechten Seite der Geergang, wo man Stöhnen, Flüche, Gelalle im Delirium und Kommandos hört. Es sind die Verwundeten bei Ma 1. Einer hat offensichtlich den Verstand verloren. Seine Schreie durchdringen mein Inneres wie ein scharfes Schwert. Ich muss mich sehr zusammenreißen, um hier zubleiben."

Kasematte Maastricht 1 (2002)

Kasematte Maastricht 1 (2002)

Durch Sprengung zerstörtes Geschützrohr (2002)

Aufbauchung durch Sprengung (2002)

Kasematte Maastricht 1 (2010)

Kasematte Maastricht 1 (2010)

Mittlere Scharte: Geschützrohr

Rechte Scharte: Geschützrohr

Linke Scharte: durch Sprengung zerstörtes Geschützrohr

Bunkerdecke

Durch 50kg Hohlladung zerstörte Panzertüren

Durch die Sprengung zerstörtes Treppenhaus und Munitionsaufzug

Deformierte Panzertür

Zerstörter Betonpfeiler

Zugang zum Kampfblock vom Hohlgang gesehen

Durch Schockwelle und Sprengstücke entstandener Schaden im Hohlgang

Klappbetten für die Mannschaften in Bereitschaft

Der Hohlgang vor Kasematte Maastricht 1

Letzter Stand: 25.07.2019